Liebe Leser!
Auf der Seite https://letztersein.com/kleine-religiose-buchlein sammle ich seit einigen Jahren kleine religiöse Büchlein, die ich selber schreibe.
Nun ist das vierzehnte Büchlein fertig.
Hier eine Kopie davon.
Lg,
Christoph
P.S.: hier die Kopie
Von Sinn und Unsinn des Gewissens
Haben wir das Recht, über unser Gewissen zu urteilen?
Sinn und Unsinn des Gewissens festzustellen?
Ist es nicht das Gewissen, das über uns urteilt, statt umgekehrt?
Ist nicht das Gewissen die allerletzte Instanz, die über Gut und Böse entscheidet?
Nun, diesen Fragen sollten wir auf den Grund gehen.
Beginnen wir mit der Definition, die wir in der Schule gelernt haben:
Das Gewissen ist jene Fähigkeit der Vernunft, die es dem Menschen ermöglicht zu erkennen, was recht ist,
und es ist der Antrieb nach dieser Erkenntnis zu handeln.
Und da haben wir schon den Schlamassel:
Die Vernunft des Menschen ist irrtumsfähig.
Das heißt also, dass auch das Gewissen irrtumsfähig ist.
Wenn wir uns jetzt also in unseren moralischen und ethischen Bewertungen irren können, was ist nun der Maßstab, den wir anlegen können?
Wonach sollen wir uns richten?
Wo ist unser Leuchtturm, unser Kompass, unser Navi?
Was ist die Wahrheit, der wir folgen sollen?
Ich möchte versuchen, diese Fragen in diesem „kleinen religiösen Büchlein“ ein wenig zu ventilieren.
Lieber Leser, liebe Leserin, Du mußt mir nicht glauben, trotzdem wünsche ich Dir, daß Dich das Büchlein anrege und begleite.
Das ES-Gewissen
Wenn ein Kind geboren wird, dann lernt es die Leiden des Lebens am eigenen Leib kennen:
- ICH habe Hunger
- ICH fühle mich kalt
- ICH fühle mich einsam
Am Anfang sind es diese ICH-bezogenen unangenehmen Gefühle, die uns sagen, was gut und was böse ist.
Und in den meisten Fällen müssen wir nur ein bisschen weinen – eventuell schreien –, damit unsere unangenehmen Gefühle beseitigt werden. Wir werden ge“stillt“, damit wir eben still sind.
Irgendwann dann beginnen wir zu denken, wir lernen, dass die Mutter, der Vater auch Menschen sind, und dass wir von ihnen abhängig sind.
Der Mensch fürchtet eigentlich nur zwei Dinge:
- den physischen Tod,
- den sozialen Tod.
Diese Furcht vor dem sozialen Tod, dass die, von denen wir abhängig sind, uns nicht mehr mögen, diese Furcht führt zum ES-Gewissen.
- ES wäre gut, wenn mich meine Eltern mögen
- ES wäre gut, wenn meine Eltern reich und angesehen sind
- ES wäre gut, wenn auf der Welt Frieden ist
Und so wird unser Gewissen von der Umwelt geformt, durch die Menschen, von denen wir abhängig und auf die wir angewiesen sind.
Das ist die Basis für den Unsinn des Gewissens.
Die Liebesfalle
Wie ich bereits im siebenten Büchlein erörtert habe, wollen wir Menschen geliebt werden.
Die Liebe ist die größte Stärke des Menschen, aber auch seine größte Schwäche.
Weil wir Angst vor dem sozialen Tod haben, haben wir Angst davor nicht geliebt zu werden.
In unserer Angst tun wir dann die verrücktesten Sachen – das ist der Unsinn des Gewissens.
Und eigentlich ist es auch der Ursprung des Bösen.
Wie meine ich das?
Nun, man sagt das grundlegendste, das ursprünglichste und das erste Bedürfnis jedes Menschen sei es, angenommen zu sein, wie man ist. Also geliebt zu werden, ohne sich anbiedern zu müssen.
Wenn dieses Bedürfnis nicht befriedigt wird, zuallererst von den Eltern, aber auch von anderen Autoritäten, von denen wir abhängig sind, dann reiten wir in unserer Verzweiflung von einer Trotzphase in die nächste.
Wir machen verrückte Purzelbäume, schneiden uns nicht die Haare, waschen uns nicht und fangen an zu stinken, nehmen Drogen, schwänzen die Schule und drohen damit unser Leben wegzuwerfen, solange, bis dieses grundlegendste aller Bedürfnisse erfüllt wird.
Aber ich darf nicht ungerecht sein. Die Strategie, die ich soeben beschrieben habe, die „Strategie des Trotzes“, wird nicht von jedem Kind oder Jugendlichen verfolgt.
Manche, vor allem schwache Charaktere, wählen zum Beispiel1 auch den „Weg der Anpassung“. Sie erkaufen sich die Anerkennung, indem sie sich selbst verbiegen. Und bringen sich selbst um die Befriedigung des grundlegendsten aller Bedürfnisse.
Das sind die wirklich unglücklichen, manchmal auch bösen Charaktere.
Die Mitläufer, die Denunzianten, die mit den Wölfen heulen und die das „Fahrradfahren“2 beherrschen.
Das ist der „Unsinn des Gewissens“ in Reinkultur.
Das ist die Grundlage aller Neurosen und Psychosen und davon leben die Psychiater und Beichtväter seit Generationen.
Meint
Euer Christoph
Zurück zum ICH-Gewissen
Aber dieses ES-Gewissen, das ich in den letzten Kapiteln beschrieben habe, es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.
Denn ist es nicht unsere Aufgabe, das Leben zu nützen und vom ständigen REA-gieren loszukommen, hin zu einer agileren Lebensweise des A-gierens?
Wir alle kennen das, wenn wir bereits beim Frühstück uns vor all dem INPUT fürchten, der in der Mailbox auf uns lauert.
Und vor all dem Streß, den es uns bereiten wird, im Laufe des Tages auf diesen INPUT zu REA-gieren?
Wäre es nicht schön, wenn wir aus der Ruhe heraus A-gierten? Wenn wir in uns hineinhörten, bevor wir Aktionen setzten?
Wäre es nicht schön, wenn unser Antrieb in die Welt hinaus zu gehen wieder unsere ureigenste NEUGIER wäre? Der Wunsch, neues kennenzulernen und nicht andauernd von Außen zu leben, sondern wieder von Innen?
Wäre es nicht schön, vom ES-Gewissen zum ICH-Gewissen zu kommen?
Meint
Euer Christoph
Das DU-Gewissen
Aber eigentlich ist auch das ICH-Gewissen nur ein Schritt in die richtige Richtung und noch nicht das Ziel.
Denn wie war es im Mutterleib?
Hatten wir dort nicht das ewige DU verspürt?
Haben wir im Mutterleib nicht den ersten unserer Sinne erlernt, das MITGEFÜHL?
Und hatten wir dort nicht noch eine enge Beziehung zum EWIGEN DU, zu Gott?
Fühlten wir uns dort nicht noch geborgen und zuhause und ist es nicht der Mutterleib, in den wir uns ein ganzes Leben lang zurücksehnen?
Viele Fragen werden hier aufgemacht, und eigentlich sollten wir ein Leben lang versuchen, zu diesem Gott ZURÜCK zu finden, von dem wir durch die Umstände des Lebens ja nur getrennt worden sind.
Und wir sind auf dieser Suche nach diesem Gott nicht alleine.
Viele Menschen vor uns haben schon tragbare Literatur geschrieben und Lehre verbreitet – in der Bibel und in der Kirche – in der gute Vorschläge gemacht worden sind, darüber was denn dieser Gott eigentlich von uns will:
Die Richtschnur für unser Gewissen sind immer noch die zehn Gebote Mose, die Jesus dann in zwei Gebote zusammengefasst hat.
Das ist das eingangs erwähnte Navi, unser Leuchtturm und unser Kompass.
Meint
Euer Christoph
WIR und SIE
Boshafte Menschen behaupten, der Mensch hätte den Schritt vom „homo sapiens“ zum „homo connectus“ bereits hinter sich.
Aber das ist gar nicht mal so unrichtig, denn das alte Erkenntnis, wonach der Mensch ein „ens sociale“ sei, ein „soziales Wesen“, das nicht für sich allein sein könne und die Gemeinschaft brauche, hat etwas durchaus Richtiges.
Aus dem ICH-Gewissen und dem DU-Gewissen wächst also auch so etwas wie ein WIR-Gewissen.
„Wir sind die Guten“, das ist ein Satz, den wohl keine Gemeinschaft der Welt verneinen wird.
Und es hat schon seine Berechtigung, dass man seine eigene Familie, seine Klassengemeinschaft, sein eigenes Land, seinen eigenen Ort und auch seinen eigenen Kontinent gegenüber anderen bevorzugt.
Die Gemeinschaft hilft uns – durch die sogenannte „soziale Kontrolle“ – auf dass wir die guten Vorsätze auch tatsächlich einhalten können. Das ist durchaus etwas Gutes.
Dieses Gewissen, das WIR-Gewissen, ist aber auch die gefährlichste Form des Gewissens, weil sie im Laufe der Geschichte immer wieder in die „gemeinsame Gewissenlosigkeit“ umgeschlagen ist.
Die unrühmlichen Ereignisse des 20. Jahrhunderts, die sich zum Beispiel im Stalinismus und im Nationalsozialismus manifestiert haben, waren solche „Ausformungen des gewissenlosen WIR-Gewissens“, und wir müssen sehr gut aufpassen, dass uns das nicht wieder passiert.
Meint
Euer Christoph
Die kontinuierliche Entwicklung
Wie gesagt, meiner Meinung beginnt alles gleich nach der Geburt mit dem ES-Gewissen.
Aber sobald der Mensch zu denken beginnt, ist es sein Intellekt, der das Gewissen stetig formt.
Formt, indem man sich Vorbilder sucht.
Formt, indem man über die früheren Erfahrungen der Menschheit lernt.
Formt, indem man gute und schlechte Erfahrungen macht.
Und formt, indem man die Erfahrungen in die Zukunft extrapoliert – sei es durch Nachdenken oder durch Meditation und Versenkung.
Und so kommt man von einer rein bewussten Einhaltung der Gebote Gottes hin zu einer guten Gewohnheit, einer Tugend.
Die Tugend ist bekanntlich die erworbene – geübte – Leichtigkeit in der Ausübung des Guten.
Meint
Euer Christoph
1Außer dem Revoltieren und dem sich Anpassen gibt es zum Beispiel auch noch das sich Vertschüssen, so man dazu in der Lage ist.
Eigentlich sind wir wieder bei den drei Möglichkeiten „leave it“, „love it“ or „change it“, die immer dann zutreffen, wenn man „mit der Gesamtsituation unzufrieden ist“, wenn man also „im Mangel lebt“, wenn also „die Bedürfnisse nicht erfüllt sind“
2Fahrradfahren = nach oben buckeln und nach unten treten