Vom freien Nomaden zum Sklaven des Marktes – IV (Risiken)

Nachtrag zum heuristischen Gleichgewichtskriterium

Wir haben also jetzt definiert, dass ein Hof im Feudalsystem dann ethisch korrekt geführt wird, wenn das

Heuristische Gütekriterium für Hofführung im Feudalsystem

(R – C) = KPT * infl + KAU (Gl. IV.1a)

(1 – (K/P + ü)) * fBU = shg * fBU  (Gl. IV.1b)

über einen längeren Zeitraum gerechnet zutrifft

Wieder haben wir die drei Verantwortlichkeiten:

  1. Jedes Mitglied des Hofes muss dafür Sorge tragen, im Rahmen des Hofes gesund zu produzieren und zu konsumieren, wie es seiner eigenen Identität (Physis, Psyche) entspricht.
    Wenn das nicht geht, gibt es die üblichen drei Möglichkeiten
    1. Die Situation akzeptieren (für Looser) oder sich selber ändern (für treue Helden)
    2. Den Hof verlassen (für Abenteurer)
    3. Den Hof verändern (für Super-Heroes)
  2. Der Bauer hat das Gütekriterium zu überwachen und bei relevanten Abweichungen Maßnahmen zu setzen. Die Anteile (R – C) und (1 – (K/P + ü)) * fBU sind „über einen längeren Zeitraum zu rechnen“ – der in der Größenordnung der Verderbnis der Lebensmittel liegt, z.B. ein Jahr. Dasselbe gilt für die rechte Seite der Gleichung (Inflation und Schwund).
  3. Durch entsprechende Ethik-Regeln muss dafür gesorgt sein, dass es einen „sozialen Ausgleich“ gibt, der Starke muss dem Gefallenen „auf die Beine helfen“ (Heilung der „sozialen Krankheit“)

Und folgende Idealisierungen

  1. Almosen von einem Hof zu einem anderen sind hier vernachlässigt
  2. Kredite kann man als Finanzdienstleistungen mit diesem Modell als Teil des Imports darstellen
  3. Subventionen vom Fürsten an den Hof kann man als Investitionen in zukünftige Steuerzahlungen – Kapitalaufstockungen – interpretieren
  4. Steuern gegenüber dem Fürsten kann man als Zahlung einer importierten Serviceleistung interpretieren, da der sich um folgende Dinge kümmert
    1. Sozialer Ausgleich im Fürstentum
    2. Verteidigung des Fürstentums
    3. Ermöglichung des Handels (Währungspolitik, Straßenbau)

Einlagerung und Krise

Zuallererst ist die Balance zwischen Geldvermögen und Sachvermögen zu hinterfragen.

Geldeinlagerungen und Sacheinlagerungen dienen – und daran hat sich seit der Steinzeit nichts geändert – allesamt dem Überdauern der Krise, einen anderen Zweck gibt es nicht, ausser man möchte die Inflation.

Sachvermögen – zum Beispiel schöne Kunstwerke – können im Krisenfall bei einem anderen Hof gegen notwendige Güter getauscht werden, vorausgesetzt, diese sind im anderen Hof vorhanden und der andere Bauer mag Bilder.

Für Geld gilt im Wesentlichen dasselbe, man muss nur die Krise vorher durchsimulieren und sich überlegen, ob Geld oder Sachvermögen nützlicher sein wird, welche Art von Geld (z.B. Schweizer Franken) und welche Art von Sachvermögen (z.B. Knäckebrot).

Das gemeinsame Geld aller Höfe des Fürstentums ist eine sichere Anlage, solange der Fürst und die Bauern es gemeinsam schaffen die Inflation niedrig zu halten.

In diesem Beispiel gehen wir davon aus, dass alle Einlagerungen als Spareinlagen vor sich gehen und dass die Krise immer nur ein Fürstentum betrifft – mit Geld kann man in der Krise beim Nachbarfürstentum BEGRENZT Güter einkaufen, solange die Währung dadurch nicht in die Inflation gerät.

Beispiel „Einlagerung nur durch Geldvermögen“

Wenn der Hof nur Geldvermögen einlagert, dann heisst das, dass sein gesamtes Sachvermögen nur aus Produktionsmitteln besteht (auch die Nettoeinlagerungsquote NEQ = 1 – (K / P + ü) ist also übers Jahr immer noch Null) und beide Faktoren, infl und shg, müssen aus den Spareinlagen R – C gedeckt werden.

Das eingesetzte Kapital KPT entspricht dem größten anzunehmenden Unfall GAU = gau * fBU (im letzten Beispiel war das gau * fBU = 3 * fBU).

shg………..durchschnittlicher anteiliger Vermögensverlust („gebunkertes“ Vermögen und Produktionsmittel)
+ durchschnittlicher anteiliger Produktionsausfall durch unversicherte, aber planbare, Risiken

KPT………..GAU = gau * fBU = 3 * fBU

also eingesetzt

(1 – (K/P + ü)) * fBU = 0 (Gl. IV.2)

(R – C) = KPT * infl + shg * fBU (Gl. IV.3)

(Gl. IV.3) kennen wir bereits. Sie gibt an, wieviel Geld der Hof sparen sollte. Der Reingewinn, der dem Eigentümer zusteht, ist hier bereits abgezogen und diente dazu, das „Vermögen des Eigentümers – anteilig – als eingesetztes Kapital zu mieten“.

(Gl. IV.2) erinnert sehr an das Kriterium für den Nomaden 1 – K / P = 0, nur gibt es hier noch den Anteil ü, weil es ja einen Außenhandel (von Hof zu Hof) gibt.

Ethisches Gleichgewicht (näherungsweise): ü = 1 – K / P

K / P ist das Verhältnis zwischen Konsumzahl und Produktionszahl und darf ungleich 1 sein, wenn es im Aussenhandel entweder einen Überschuß oder einen Nettoimport gibt.

Für Gesellschaften mit K / P > 1 muss ü < 0 sein (Nettoimporte), sonst folgt daraus Mangel (mit allen Folgen, die bereits für die Nomaden ventiliert wurden).

Für K/P < 1 muss ü > 0 sein, sonst folgt daraus Überfluß (mit allen seinen Folgen, die bereits für die Nomaden ventiliert wurden).

Anmerkung: zum „Gütekriterium unter Berücksichtigung des Überschusses ü“ und zum „Gütekriterium unter Berücksichtigung moderner Produktions- und Konsumverhältnisse“ wollen wir zu einem späteren Zeitpunkt noch detailliertere Beispiele durchdenken.

Einlagerung und Versicherung, Weltvermögen

Natürlich kann man die Einlagerung von Geld- oder Sachvermögen auch zu Versicherungsunternehmen oder Banken outsourcen, wenn man selbst nicht die Möglichkeiten zur Einlagerung hat.

Unter Berücksichtigung der Versicherungsunternehmen bleibt also der Satz

Die weltweite Gesamteinlagerung von Geld- und Sachvermögen (inklusive Einlagerungen durch Versicherungsunternehmen) – ausgenommen Produktionsmittel – sollte der Gesamtmenge der Risiken entsprechen, die im Falle des „Welt-GAU“ eintreten können, und die durch dieses Vermögen überhaupt gedeckt (oder zumindest gelindert) werden können.

Es hat keinen Sinn, Vermögen anzuhäufen für Risiken, die prinzipiell oder durch dieses Vermögen nicht verhindert, wieder gutgemacht oder zumindest gelindert werden können.

Wie ist das nun mit den Risiken für die Weltwirtschaft (ich meine nicht Deinen privaten Haushalt, dort kennst Du Dich besser aus)?

  1. Inflation
  2. Epidemien
  3. Pandemien
  4. Erdbeben und Tsunamis
  5. Vulkanausbrüche
  6. GAUs mit menschlichen Technologien (Reaktorkatastrophen)
  7. Meteoriteneinschlag
  8. Kometeneinschlag
  9. Kriege und Hungersnöte
  10. Revolutionen, Raubzüge

Welche sind unvermeidbar? Welche kann man mit Geld- oder Sachvermögen wieder gut machen oder mildern? Welche kann man mit dem Einsatz von Geld- oder Sachvermögen vermeiden?

Jeder denke selber nach, ob wir zuviel, zuwenig oder genau richtig viel eingelagert haben, und ob eine Pandemie nicht ein Argument für Vermögenssteuern sein könnte.

Meint

Euer Christoph

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7 Responses to Vom freien Nomaden zum Sklaven des Marktes – IV (Risiken)

  1. […] Exkurs über Vermögen und Risikenhttps://letztersein.com/2021/05/13/vom-freien-nomaden-zum-sklaven-des-marktes-iv-risiken/ […]

  2. Kardinal Novize Igor sagt:

    Da möchte ich doch ein paar Einwände setzen:

    1) Das ethische Gleichgewicht ist zu stark idealisiert, siehe meine Kommentare unten. Was schon für die Steinzeit nicht passt, passt jetzt schon gar nicht. wir brauchen f(t).

    2) Ich war immer für VermögensERTRAGSsteuern, aber immer gegen Vermögenssteuern. Warum, hab ich schon des öfteren erklärt.
    Praktisches Beispiel: Die Kirche! Wenn die für ihre Kathedralen Vermögenssteuer bezahlen muss, muss sie sie verkaufen. Wer bekommt das Geld? Die Mittelschicht? Nein, die Banken. Vermögenssteuern sind eine Verteilung von unten nach oben.

    3) Ad Pandemie: Wäre eine interessante Sache, nur leider ist Corona keine solche. Corona ist eine PLandemie. Und nicht von der Mittelschicht erfunden. Die, die Corona in Szene gestzt haben, kennen nämlich meinen Punkt 2) auch. Aber schon klar, ORFloch gibt den frame vor, innerhalb dessen Du folgerichtig denkst.

    4) Es werden sowieso alle alles verlieren, inklusive Freiheit, wenn wir aus diesem frame nicht herauskommen.

    LG KNI

    • Yeti sagt:

      ad 1) diesen Einwand habe ich berücksichtigt, indem ich in Worten dazu geschrieben habe, dass diese Gleichug über einen längeren Durchrechnungszeitraum gelten soll, zum Beisiel über ein Jahr.
      Ich war zu faul, Differentialoperatoren und/oder Integrale zu verwenden. Ich hoffe, das reicht so.

      ad 2) stimmt. Ich unterscheide zwischen „gutem“ Vermögen – das dem Eigentümer durch die Krise hilft, ohne dass er anderen zur Last fällt – und bösem Vermögen – das Inflation bewirkt – siehe „des Kaisers neue Kleider“ – das Kind fehlt uns noch

      Was hältst Du von Vermögenssteuern mit einem Vermögensfreibetrag, der je nach geltend gemachtem Restrisiko variieren kann?

      ad 3) Nachdem die Pandemie ALLE betrifft, müssen auch wirklich ALLE mit ihrem Vermögen dazu einstehen – siehe die Freibetragsdiskussion oben, was Dein privates Restrisiko betrifft.

      ad 4) woran arbeite ich gerade? am Verlassen des Frames.

  3. Kardinal Novize Igor sagt:

    ad 1): Ob das reicht, hängt von der Tragweite der Schlußfolgerungen ab, die du daraus ziehen willst.

    ad 2) genau diese Unterscheidung ist der Knackpunkt und sehr komplex.

    ad 3) Die Plandemie betrifft alle, aber sie wurde nur von wenigen angeheizt. Das ist kein wirtschaftliches, sondern ein kriminologisches Prroblem und also ein Verbrechen. Die, die das verbrochen haben, sollen es auch zahlen mit ihrem Geld und ihrer Freiheit, und NICHT die Allgemeinheit.

    da 4) viel Glück

    LG KNI

    • Yeti sagt:

      ad 1) ich werde noch weitere Fallbeispiele ausarbeiten

      ad 2) mit meinem Vorschlag müsste diese Unterscheidung der Vermögende selber treffen, wenn er seine Vermögenssteuererklärung abgibt und der Finanzbeamte müsste die Angaben prüfen

      ad 3) wenn Du recht hast, hast Du recht. Ich weiss es nicht.

      ad 4) Danke 🙂

      • Kardinal Novize Igor sagt:

        ad 3) mit dem habe ich mich näher beschäftigt. Schau dir ganz einfach die Infektions u.Todeszahlen von Schweden (KEIN Lockdown!!!) an, und vergleiche sie mit unseren. Den Unterschied kann man nicht einmal mit der Lupe suchen.

        LG KNI

  4. […] Zu den Begriffen „produktiv“ und „gebunkert“ haben wir uns im Beitrag IV (Risiken) und am Anfang des Beitrags V (Daten) nähere Gedanken […]

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