Vom freien Waldmenschen zum Sklaven des Marktes – IX (Steuern, Subventionen)

Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit der Frage der Nachhaltigkeit und mit der Frage der Regionalität.

Ist dieses Zwillingspärchen wirklich der „goldene Weg in die Zukunft“?

Jedenfalls hat uns die Pandemie gelehrt, dass „die Wirtschaft“ nicht alles ist. Im Krisenfall schart man sich dann ja doch hinter Väterchen Staat und seinen schier unerschöpflichen Geldquellen. Und lässt sich beschützen und subventionieren.

Aber ist das wirklich gerechtfertigt?

Ist der Staat wirklich unbesiegbar? Können Staaten nicht auch in Konkurs gehen?

Was sind denn eigentlich die Aufgaben des Staates?

Was ist der Staat?

In den Beiträgen über den Waldmenschen und über den Nomaden ist uns der Staat in Form des „Häuptlings“ begegnet. In der Sippe ist es relativ klar, dass letzten Endes nur einer das letzte Wort haben kann, und wir haben uns gefragt, was denn die Aufgaben, die Pflichten, des Häuptlings seien.

  • Wir sind dahinter gekommen, dass es die Pflicht jedes Stammesmitglieds ist, einfach entsprechend seiner selbst zu leben.
    Das heisst, man soll in einer Art und Weise leben, lernen, produzieren und konsumieren, die dem eigenen Wesen und der eigenen Gesundheit enstpricht, soweit das in diesem Stamm halt möglich ist.

    Wenn man „nicht ganz in den Stamm passt“, wenn es „irgendwie hakt“, dann hat man die drei Möglichkeiten: „love it, leave it or change it“.
  • Die Verantwortug des Häuptlings ist es auch, die Einhaltung des Gütekriteriums zu überwachen. Im Wesentlichen heisst das, er soll sich darum kümmern, dass nichts verdirbt und dass die Ressourcen effizient genützt werden. Zu diesem Zweck hat der Häuptling die Verfügungsgewalt über die eingelagerten Reserven des Stammes, also über sein „Vermögen“.

    Auch hier gibt es die berühmten drei Möglichkeiten „love it, leave it or change it“, wenn der Stamm mit den Ressourcen des Habitats nicht zurande kommt.
  • Letzten Endes, und hier gehen die Meinungen auseinander, ist es die Aufgabe des Häuptlings, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen.

    Manche Wirtschaftstheorien – zum Beispiel die Theorie vom reinen „Nachtwächterstaat“ – negieren diese Aufgabe, aber wir – als christliche Wirtschaftstheoretiker – stellen folgende Forderung:

    Der Häuptling soll dem Schwachen helfen – ihn aber nicht nur subventionieren, sondern auch ertüchtigen, falls möglich – und er soll den Starken loben und besteuern, denn von wem soll man das Geld sonst nehmen, wenn nicht vom Tüchtigen?

Als wir uns dann mit dem Feudalsystem beschäftigten – und mit der Hofwirtschaft -, kam noch das externe Geld und die externe Verteidigung hinzu.

  • Es war also die Pflicht des Fürsten, das Gebiet und die gemeinsame Währung des Fürstentums zu verteidigen
    • a) durch Anlage und Beschützen einer Schatzkammer
    • b) durch Waffengewalt – Militär

Letzten Endes haben wir uns mit dem geistigen Eigentum beschäftigt und mit dem Unterschied zwischen „geschlossenem Erstling“ und „offenem Erstling“.

  • Je öffentlicher Kunstwerke hergezeigt werden (und Kunstwerke sind immer öffentliche Werke, sonst verfehlen sie ihren Zweck) und je leichter Kunstwerke kopiert werden können, desto mehr ist es die Aufgabe des Staates für die Erstellung der Erstlinge das notwendige Geld aufzutreiben.

    Der Staat hat also auch eine Verantwortung für Kunst und Kultur (wozu auch Technologien und Wissenschaft zählen).

Gibt es auch unethische Steuern und Subventionen?

Natürlich!

So hart es ist, und so unchristlich es klingt, im Wirtschaftsleben hat die christliche Großzügigkeit, zu der uns Jesus mahnt, keinen Platz.

Solange ich nur mein eigenes Geld und Vermögen verschleudere, darf ich mich nach Jesus richten.

Aber wenn ich als Häuptling das Vermögen des Stammes verwalte, dann muss ich nach der „Verantwortung des Quid pro Quo“ leben.

D.h., neben dem genannten sozialen Ausgleich für Nebochanten darf es Subventionen nur im Sinne von Investitionen in die Zukunft geben.

Wenn Bergbauern die Landschaft für den Touristen pflegen -> dann haben sie sich ihre Subvention verdient.

Wenn arbeitslose Programmierer Open Source Software schreiben, die an unterster Stelle in der Infrastruktur des Internet gute Dienste leistet, ohne jemals Lizenzgebühren zu bekommen -> dann haben sie sich ihre Subvention verdient.

Aber wenn Schweinebauern mit 5000 Schweinen noch eine Fabrikshalle bauen -> dann brauchen sie KEINE Subvention.

Klaro?

Meint

Euer Christoph

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3 Responses to Vom freien Waldmenschen zum Sklaven des Marktes – IX (Steuern, Subventionen)

  1. Kardinal Novize Igor sagt:

    Das klingt zwar alles relativ logisch, aber beim Schlußbeispiel weiß ich nicht. Vielleicht versorgt ja der Schweinebauer eine riesige Gesellschaft mit Fleisch und arbeitet dabei unrentabel. Und vielleicht braucht die Dienste des open-source-Programmierers keiner. Dann wäre es genau umgekehrt.

    Mit der Kunst haben wir ja dasselbe Problem: Schlimm, dass ein Franz Schubert Hunger leiden musste. na ja, reich war er jedenfalls nicht. Umgekehrt wird heute eine untalentierte Autorin wie Stephanie Sargnagel, die nichts kann, außer im mainstream zu schwimmen, durchgefüttert.

    Ein Mittelweg wäre gut.

    LG KNI

    • Yeti sagt:

      Das Kriterium für eine Subvention DARF nicht sein, ob man unrentabel arbeitet oder nicht. Dann wäre es keine Subvention, sondern eine Sozialleistung.

      Das Kriterium MUSS sein, ob man einen gesellschaftlichen Beitrag leistet oder nicht. Die Subvention ist also eine Investition in künftige Steuereinnahmen, indem man auf Pferde setzt, die „in Wirklichkeit“ rentabel sind, deren Vorteile die anderen Menschen aber noch nicht verstanden haben.

      Sonst kommen wir dorthin, wo wir jetzt sind: dass unnatürliche Wirtschaftszweige ewig lang künstlich am Leben erhalten werden, obwohl sie in Wirklichkeit unrentabel sind, also „nicht dem Menschen entsprechen“.

      Ich gebe zu, dass dieses Kriterium IMMER subjektiv bewertet werden muss.

      • Kardinal Novize Igor sagt:

        ….. und um diese Subjektivität zu bilden, bedarf es des Metaphysischen, des Kulturellen, des Transzendenten. Daher empfehle ich: Egon Friedell, „Kulturgschichte der Neuzeit“, aber auch: Dostojewskij „Die Brüder Karamasow“, uva.
        LG KNI

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