Für Anna – III

Liebe Leser, Liebe Anna,

Nun habe ich behauptet, dass die Geschichte der Menschheit – so man sie durch eine ökonomische Brille betrachte – nichts anderes sei als eine Geschichte des Wandels von freien Gütern, hin zu knappen Gütern.

Freie Güter seien also Güter, die im betrachteten Zeitraum und im betrachteten Gebiet in der erreichbaren Umwelt derart ausreichend vorhanden sind, sodass sich jeder Konsument so viel von diesen Gütern aneignen kann, dass er wirklich genug davon hat.

Aus diesem Grund müssen freie Güter nicht bewirtschaftet werden und sie haben auch keinen Preis.

Wir haben im letzten Beitrag die Geburtsstunde der Land- und Forstwirtschaft und der geordneten Jagd ventiliert.

Diese Geburtsstunde hatte nämlich geschlagen, als die Menschen derart zahlreich wurden, dass das Leben als Jäger und Sammler, bzw. als Nomaden nicht mehr möglich war.

Die Lösung bestand darin, den Grund und Boden aufzuteilen auf Eigentümer. Zu jedem Grundstück „konnte es nur einen geben“, der das letzte Wort hatte und der über das Nutzungsrecht sowie das Fruchtgenussrecht verfügte.

Aus Grund und Boden wurde also ein knappes Gut, und der Mensch begann, dieses knappe Gut systematisch zu bewirtschaften. Es war nun nicht mehr gratis verfügbar.

Aber es gibt in bezug auf Ressourcen – also in bezug auf gratis in der Umwelt erhältliche Güter – zwei grundsätzlich verschiedene Prozesse: erstens die kostenlose Aneignung von herrenlosem Gut und zweitens die kostenlose Ablagerung von Ungut. Das wollen wir heute analysieren:

Beispiel 2 – Fäkalien in der Stadt

Diesmal wollen wir das Gegenteil der Aneignung von freien Gütern betrachten, nämlich die freie Ablagerung von Ungütern.

Ungüter sind Güter, deren Nutzen negativ ist, bzw. deren Nutzen mit sinkender Menge steigt. Man wird also geneigt sein, einen gewissen Aufwand zu betreiben, um diese Güter loszuwerden.

Ein Beispiel sind Fäkalien in der Stadt: der Wohnungseigentümer in einer mittelalterlichen Stadt hat seinen Nachttopf z.B. einfach beim Fenster auf die Straße entleert. „Was auf der Straße damit passiert, geht mich nichts an“, hat er gesagt, und: „Hauptsache draußen aus der Wohnung“.

In der Stadt gab es ja auch keine Wiesen und Felder, die man sinnvoll mit der Jauche düngen konnte.

Am Land war das anders. Da war die Aufnahmefähigkeit der Landschaft für Fäkalien ein freies Gut, da diese Aufnahmefähigkeit im Übermaß vorhanden war. Der Mist konnte sogar nutzbringend als Dünger auf den Wiesen und Feldern aufgebracht werden.

Da sich in der Stadt die Wohnungseigentümer nicht von selbst koordinierten, um sich um das „Mistproblem“ zu kümmern, musste sich der Souverän darum kümmern, diesmal in Form der Stadtverwaltung.

Auch hier gibt es wieder die drei Optionen:

Love it

Man könnte sich damit „arrangieren“, dass die Stadt „halt dreckig sei“ und dass „halt“ immer wieder Seuchen ausbrechen. Auch hier gab es sicher mächtige Lobby-Gruppen, die dafür waren, alles „beim Alten zu lassen“.

Leave it

„Wenn Dir das Stadtleben nicht gefällt, kannst Du ja aufs Land ziehen“, hat man den „innovativen Kanalbauern“ sicher immer wieder vorgeworfen.

Change it

Die „innovativen Kanalbauer“ mussten sicher viel durchmachen, bevor die ersten Kanäle gebaut wurden. „Wos des wieder kost'“, „Wir habn des immer so gmocht“, „Willst Du dem Pfarrer seinen Job wegnehmen?“

Beispiel 3 – Die Grenzen des Wachstums

Der Bericht des Club of Rome, aus den 70er Jahren, war also eigentlich für die Menschheit „nichts prinzipiell Neues“. Die Menschheit ist es eigentlich „gewohnt“, an allen Ecken und Enden immer wieder an die Grenzen des Wachstums zu stoßen.

Wir müssen nur stur bleiben, wenn es darum geht, Innovation gegen all die beharrenden Kräfte des „Love it“ durchzusetzen. Das sind die wirklichen Kriegstreiber und Krankheitsanbeter.

Wir dürfen uns auch nicht vom „Leave it“ verlocken lassen. Bis unsere Raumfahrt soweit sein wird, dass wir in nennenswerter Anzahl zu fremden Planeten auswandern können, vergehen sicher noch viele Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte.

Das einzige, was wirklich neu ist, das ist die globale Dimension des Problems.

Was die systematische Bewirtschaftung des Weltklimas, der Weltmeere und des erdnahen Weltraums betrifft – so wir dazu überhaupt in der Lage sind – darf es „wirklich nur einen geben“, nämlich eine Art Weltregierung und ein Weltparlament, sowie ein Weltgerichtshof, die sich um diese Fragen kümmern müssen.

Meint

Euer Christoph

2 Responses to Für Anna – III

  1. Yeti sagt:

    Die Notwendigkeit einer Weltregierung sehe ich übrigens nicht absolut.
    Diese Sachen kann man sicher auch mit multinationalen Verträgen regeln

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