Liebe Leser!
Lasst mich diesmal einen Ausschnitt aus meiner Erzählung „Das dritte Kind“ an den Anfang setzen, und zwar aus dem ersten Teil „Prolog“, den Anfang der 30. Szene, wo Walter mit Hilfe einer Nebenrolle – einem Kardinal – einen neuen Anfang in seinem Leben macht:
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1. Teil – Seite 25:
[…]30.
Am Nachmittag kam Walters Schulfreund ins Wellnesshotel zu Besuch. Dieser Schulfreund war jetzt Kardinal, dennoch kam er im schlichten schwarzen Priesteranzug.
„Dir geht’s gut, du hast es weit gebracht“, eröffnete Walter das Gespräch.
Der Kardinal winkte ab: „Karriere in der Kirche ist etwas Relatives.“
Walter reagierte auf das Reizwort „Karriere“ und antwortete in einem Anfall von ‚Fishing for Compliments‘: „Ich werde niemals Karriere machen, bei all den Fehlern, die ich mir geleistet habe.“
„Weißt du, was mein schlimmster Fehler ist? Ich treffe keine Entscheidungen. Ich lasse mich immer nur benützen.“, führte er seine Gedanken weiter.
Auch der Kardinal kannte sich im Leben aus, deshalb stieg er nicht direkt auf Walters Argumentation ein und begann nicht Walter Komplimente zu machen: „Das würde ich nicht so sagen. Schau, ich bin letzten Endes doch auch nur ein Werkzeug Gottes. Trotz aller eigenen Entscheidungen die ich treffe, bin ich in einen Ablauf eingebettet, den wir Vorsehung nennen.“
Walter begann zu schwärmen: „Werkzeug Gottes. Ja, das wäre ein Lebensziel!“
Er relativierte seine Gedanken jedoch sofort wieder: „Weißt Du, ich bin zwar immer brav in die Kirche gegangen, war in meiner Jugend sehr aktiv, aber jetzt, wo ich verheiratet bin……Wer ist das eigentlich, dieser Gott? Wo ist er geblieben?“[…]
Was hat Walter gemeint mit „Werkzeug Gottes“?
Nun, was Walter gemeint hat, darüber können wir nur mutmaßen, denn Walter ist eine literarische Figur und wir können ihn nicht befragen.
Aber ich bin es, der die Geschichte „Das dritte Kind“ geschrieben hat – wenn auch diversen Inspirationen folgend – und ich kann guten Gewissens feststellen: „Dieser Walter hat viel von mir geerbt, wenngleich er eigentlich nur eine Metapher für das neutrale Österreich im kalten Krieg ist – ein Mann mit Entscheidungsschwächen, der zwischen zwei Stühlen sitzt“.
Bei mir persönlich waren das zu jener Zeit die Firma S* und meine Frau V*, die beiden Stühle, zwischen denen ich gesessen bin, ohne mich entscheiden zu wollen (ohne mich entscheiden zu können).
Heute ist das zum Glück alles anders, aber damals war Walter ein Blatt im Wind, das keinen sichtbaren eigenen Willen hatte.
Und genau das ist es NICHT, was der Kardinal meint, wenn er von einem „Werkzeug Gottes“ spricht.
Nicht umsonst haben wir heutzutage die Metapher vom „mächtigen Manager“, der „alles im Griff hat“ und sozusagen „allwissend“, „allmächtig“ und „allgegenwärtig“ ist. Das sind lustiger weise alles göttliche Eigenschaften, obwohl für Gott in der Wirtschaft eigentlich kein Platz ist.
Und wenn wir genau darüber nachdenken, dann ist der Manager eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Direktors“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Direktors umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern“.
Und so, wie wir uns einen guten Manager vorstellen, als ein Vorbild, das den anderen Angestellten im Kampf leuchtend voranschreitet, so müssen wir uns auch ein „Werkzeug Gottes“ vorstellen.
Als sich König Salomo zu Beginn seiner Amtszeit von Gott etwas wünschen durfte, wünschte er sich ein „hörendes Herz“.
Und so dürfen wir uns ein Werkzeug Gottes in erster Linie als einen Menschen vorstellen, der auf den Willen Gottes hinhören kann, um Gutes vom Bösen zu unterscheiden und so das Volk – bzw. im Falle von Walter seine Familie – weise zu leiten.
Meint
Euer Christoph
Ja, das „hörende Herz“ macht sicher einen Teil des Seins als Werkzeug Gottes aus. Ich hatte in jungen Jahren die Gnade, diesen Begriff verstehen zu dürfen. Werkzeug Gottes zu sein, bedeutet, den eigenen Willen, den eigenen Stolz, die eigene Eitelkeit vollkommen aufzugeben, um für Gott vollkommen durchlässig zu sein. Dann der Herr einen verwenden, wie Er es will. Dann ist man Werkzeug. Mein Bild hierfür war die Heilige Mutter Theresa von Kalkutta.
Anmerkungen: Im den Absätzen:
„Nicht umsonst haben wir heutzutage die Metapher vom „mächtigen Manager“, der „alles im Griff hat“ und sozusagen „allwissend“, „allmächtig“ und „allgegenwärtig“ ist. Das sind lustiger weise alles göttliche Eigenschaften, obwohl für Gott in der Wirtschaft eigentlich kein Platz ist.
Und wenn wir genau darüber nachdenken, dann ist der Manager eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Direktors“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Direktors umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern“.“
Scheinen dir Metapher und Wirklichkeit durcheinander gekommen zu sein. Denn natürlich ist der Manager kein göttliches Wesen, und dazu muss ich NICHT „genauer nachdenken“. Insoferne ist der 2. Absatz redundant. Natürlich ist der Manager kein göttliches Wesen, wenn der Direktor eine Metapher für Gott ist.
Ein weiteres Problem an der Metapher: Der Manager vollzieht -vielleicht – den Willen des Direktors, aber der Direktor und der Manager haben dennoch keine innere Verbindung. Der Manager kann GEGEN seinen eigenen Willen den Willen des Direktors vollziehen, ein Werkzeug Gottes handelt aber als solches IMMER im Willen des Herrn. Diesen Gleichklang kann eine wirtschaftliche Metapher ganz einfach nicht darstellen. Darum: siehe meine Einwände zum Thema Gott-Wirtschaft….
LG KNI
Na ja. Bei diesem Thema brauchen wir, die Vielen, eben Gleichnisse (also Metaphern).
Nicht jeder hat so wie Du die Gnade, mit Gott auf Du und Du zu sein.
Sogar Jesus hat sich ausgiebig der Technik der Gleichnisse bedient, um uns, den Vielen, den lieben Gott näher zu bringen.
@Yeti
Danke für das Kompliment, ich sei „auf Du und Du“! Nein, da fehlt leider noch viel……aber das, was ich damals erfahren habe, war nichtsdestoweniger eine Gnade! Freilich unverdient.
Ich weiß noch, wann das war: Da bin ich, vor vielen Jahren, noch in der Nacht, in die Frühmesse gestapft, voll der Vorfreude auf die Heilige Kommunion! Und freilich zugleich auch sehr müde. Und da kamen meine Erkenntnisse über das „Werkzeug Gottes“ über mich.
Oder nein, es kam „in“ mich. Ganz unspektakulär, aber sehr innerlich. Ohne großes Feuerwerk. Und vielleicht geht es mir gerade deshalb um dieses innere Erleben.
Womit wir bei der Frage wären: Wann bewegt uns ein Gleichnis? Wie kommt es zu seinem Ausdruck? Auch da versuche ich, der inneren Dimension nachzuspüren.
Und da du nun wohl auch die Gnade hattest, dem Begriff „Werkzeug Gottes“ nachzugehen, und du es anscheinend beschreiben willst, versuche ich nun, ein wenig über diese innere Dimension nachzusinnen.
Und da ist mir nun aufgefallen, dass dein Gleichnis eigentlich nichts mit Wirtschaft zu tun hat, sondern eher mit Hierarchie.
Dein Gleichnis lässt sich, sozusagen, „lineartransformieren“, eigentlich ohne Informationsverlust:
Wie meine ich das?
Ich könnte fragen: „Was hat „Werkzeug Gottes“ mit Fußball zu tun?“
und (mir selber) antworten: „Der Fußballer steht für den Menschen, der Fußballtrainer für Gott…..dann ist der Fußballer eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Fußballtrainers“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Trainers umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern….“
Oder so:
Was hat „Werkzeug Gottes“ mit Spitalsbetrieb zu tun?“
und (mir selber) antworten: „Der Assistenzarzt steht für den Menschen, der Primar für Gott…..dann ist der Assistenzarzt eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Primars“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Primars umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern….“
Oder so:
Was hat „Werkzeug Gottes“ mit Orchestern zu tun?“
und (mir selber) antworten: „Der Violinist steht für den Menschen, der Dirigent für Gott…..dann ist der Violinist eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Dirigenten“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Dirigenten umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern….“
Eigentlich geht bei keiner dieser Transformationen eine Information des Gleichnisses verloren. Also ist nicht die „Wirtschaft“ das entscheidende an diesem Gleichnis, sondern die Hierarchie.
Und da möchte ich nun einhaken: Der bloß hierarchische Gedanke kann das Dasein als Werkzeug Gottes noch nicht vollständig beschreiben, ich würde da noch nach einem innerlichen Element suchen.
Ich möchte das noch mit einer „finsteren“ Transformation versuchen, zu verdeutlichen – während die bisherigen ja sehr harmlos waren:
Was hat „Werkzeug Gottes“ mit Nationalsozialismus zu tun?“
und (mir selber) antworten: „Der Sturmbannführer steht für den Menschen, der „Führer“ für Gott…..dann ist der Sturmbannführer eigentlich kein göttliches Wesen, sondern er ist nur ein „Werkzeug des Führers“, das nichts anderes tut, als den „Willen des Führers umzusetzen“. Sich darum „zu kümmern….“
Und leider sehen wir nun, dass dieses Schreckliche tatsächlich passiert ist.
Wir müssen uns also die Frage stellen: „Werkzeug, ja – aber wessen?“ Wie bringen wir das Innerliche und das Göttliche, das Barmherzige, das Heilige in dieses Gleichnis? Wie können wir diese bloß hierarchischen Metaphoriken erweitern um das Heilige?
Oder, anders gesagt: Wie bringen wir die Beschreibung das wahrhaft Geistigen in jenes Erleben hinein, das anscheinend auch hattest?
Das also ein paar Fragen, die mir beachtenswert scheinen…viel Erfolg bei der „Lösung“!
LG KNI
Da werde ich einen neuen Artikel schreiben müssen.
Nur soviel: ad hoc fällt mir dazu ein, dass ein Werkzeug Gottes eben kein „dummes“, „willenloses“ Werkzeug ist. Oder, wirtschaftlich formuliert: mein Chef muss sich meine Loyalität erst verdienen.
Gut finde ich den Absatz, wo du den Kontrast zum „Blatt im Wind“ aufgestellt hast. Da darf ich nun ein kleines Gleichnis anbringen:
So lange dieser „Wind“ ein menschlicher, irdischer Wind ist, wird man, wie das Blatt, hin- und hergerissen, vielleicht auch zerrissen.
Wo dieser Wind aber der Heilige Geist ist, dort findet das Blatt zum Ziel.
Oder besser: Es ist dann mehr als nur ein Blatt. Nämlich etwas, das selbst tätig ist, oder noch besser: IN dem der Hl. Geist tätig ist.
In dem Sinne, dass sich der Wille Gottes (innerlich!) mit dem Willen des Menschen vereint.
LG KNI
Sei mir nicht böse, dieser Vergleich – wenn sich ein Mensch „auf den Hl. Geist einläßt“, dann kann es sein, dass „in seinem Leben plötzlich alles zusammenpasst“, dass er also „zum Ziel findet“ – verleitet mich zu der Feststellung, dass diese Erfahrung auch Menschen machen können, die keinen christlichen Hintergrund haben.
Sie würden diese Erfahrung dann nicht als „Hl. Geist“ benennen, sondern vielleicht als „Weltseele“, „Tao“ oder „Vorsehung“.
@Yeti:
Na und?
Das macht die Sache nicht falscher. Soll ein jeder den Heiligen Geist nennen, wie er will, er bleibt doch das Zwiegespräch zwischen Vater und Sohn.
Was hat das jetzt mit dem bisher Besprochenen zu tun?
LG KNI
Eh nix.
Mir ist grad‘ noch ein Detail aufgefallen.
Das „Blatt im Wind“ folgt einem äußeren Wind.
Der Hl. Geist weht innen, im Herzen.
Außen wird der Hl. Geist erst am Ende aller Zeiten wehen, wenn der Herr in Macht und Herrlichkeit erscheinen wird.
Ja, DAS unterschreibe ich!
Es ist ein innerer Wind im Herzen/in der Seele.
Wobei natürlich auch nicht jede innere Regung vom Heiligen Geist ist.
Wie also unterscheiden? Da habe ich nur ein paar vorläufige Antworten. Sozusagen Indikatoren.
Zum Beispiel, ob diese Regung auch ohne den eigenen Ehrgeiz funktioniert und ohne die eigene Eitelkeit. Ob man also „alles lassen“ kann, wie es Meister Eckehart nennt.
LG KNI
Wie also die Geister unterscheiden?
Ich löse das pragmatisch:
1) weil man sagt, dass Maria keinem ihrer Kinder je eine Bitte abschlägt, bitte ich sie jeden Abend: „Bitte sag‘ Deinem Sohn, dass er mir den Geist der Unterscheidung sendet“
2) vor der Beichte (leider viel zu selten) erforsche ich mich bewußt
@Yeti
Ich fürchte, Maria schlägt schon manchmal Bitten ab. Ich hab von der Erscheinung in Fatima gehört, dass eines der drei Seherkinder für einen armen verkrüppelten Jungen gebetet hat, er möge doch gesund und wohlhabend werden. Darauf soll Sie gesagt haben: „Ich werde ihn weder von seiner Krankheit noch von seiner Armut befreien, aber er wird immer genug zum Leben haben.“
Allerdings schlägt Jesus Seiner Mutter keine Bitte ab! Es ist also nicht schlecht, sich mit Maria gut zu stellen (cum grano humoris!)
ad 2) Gewissenserforschung ist immer gut. Ein alter Pater hat gemeint, er macht jeden Abend eine „Retractatio“ also ein geistiges Vorüberziehen des Tages.
LG KNI
Ad 2) ja, so eine „Revision“ tut manchmal gut. Und wenn man dann die Ursache des Bösen gefunden hat -> WEG MIT DEM DRECK 🙂
[…] letzten Artikel (Walter, das Werkzeug Gottes) hatte ich mir Gedanken gemacht über die Funktion eines „Werkzeuges Gottes“ und habe […]