E=m.c^2

In der Serie „Ein kleiner Programmierer versucht die Relativitätstheorie zu verstehen“, hatte ich vor einiger Zeit (im Jahre 2012) einige Rechenbeispiele durchgemacht, die dabei helfen sollten, die Lorentz-Transformation besser zu verstehen (zu der Artikelserie gelangt man über Nachtrag zur Serie bzw. direkt über Zurück an den Start).

Um es noch einmal zu wiederholen: Durch die Annahme, dass die (gemessene) Lichtgeschwindigkeit vom Bewegungszustand des Beobachters unabhängig sei und immer denselben Wert habe, durch die Vorgabe, dass es sich um eine lineare Transformation handeln sollte und durch die Vorgabe des Relativitätsprinzips konnte Albert Einstein die Lorentz-Transformation aus allgemeineren Prinzipien herleiten und somit zeigen, dass sie kein Naturgesetz ist.

Nichtsdestotrotz ist die Lorentz-Transformation das „Arbeitspferd der Relativitätstheorie“ und man kann mit ihrer Hilfe viele Erkenntnisse gewinnen, die uns einiges über Raum und Zeit näher bringen.

Newton hatte den absoluten Raum und die absolute Zeit als „sensorium Dei“ (Sinnesorgan Gottes) seinen Überlegungen vorangestellt.

Hierbei waren beide – Raum und Zeit – „in sich absolut“, das heisst von jedweder Materie losgelöst und auch voneinander unabhängig.

Durch die Lorentz-Transformation lernen wir in der speziellen Relativitätstheorie , dass wir Raum und Zeit nicht mehr getrennt voneinander betrachten können. Wir müssen den absoluten Raum und die absolute Zeit durch eine Raumzeit ersetzen.

Weiters relativierte sich der Zeitbegriff.

Der Verlauf der gemessenen Zeit war jetzt vom Bewegungszustand des Beobachters abhängig und der Begriff der absoluten zeitlichen Lage zweier Ereignisse (ein Ereignis E1 und ein Ereignis E2 liegen immer derart, dass entweder E1 vor E2 oder E2 vor E1 liegt oder dass sie beide gleichzeitig stattfinden) wich einer Klassifizierung in eine „raumartige“ Lage, eine „zeitartige Lage“ und eine „lichtartige“ Lage.

Der Raum hingegen blieb in der speziellen Relativitätstheorie ein absoluter Raum.

Erst später, in der allgemeinen Relativitätstheorie, wurden Raum und Zeit zu einer relativen Raumzeit, die in Wechselwirkung mit der Materie stand und sich durch die Anwesenheit von Masse krümmte.

Aber was hat das alles mit der Formel E=m.c^2 zu tun?

Seit letztem Wochenende habe ich begonnen, mich ein wenig mit der Mathematik der Relativitätstheorie zu beschäftigen. Dazu habe ich ein Lehrbuch meines ehemaligen Mathematik-Professors hervorgekramt und beginne nun schön langsam zu schmökern. Darin ist mir eine einfache Erklärung der Formel E=mc^2 untergekommen, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.

Modellbildung

Wir gehen wieder von einem punktförmigen Massenkörper aus, der sich durch den Raum bewegt:

nil_abb_1.1

Dabei sind wir uns bewußt, dass die Zeit t nur relativ zum Koordinatensystem (x1, x2, x3) gültig ist, bei einer Transformation nach Lorentz müssten wir auch die Zeit mittransformieren.

Um nun klarzumachen, dass die Raum- und die Zeitkoordinaten in einer Raumzeit vereinigt sind, ist es üblich, sie nicht getrennt zu schreiben, also nicht so:

nil_abb_1.2

sondern so:

nil_abb_1.3

Dabei wird c als konstanter Skalierungsfaktor verwendet, um die Zeit t in der Dimension einer Länge darzustellen (x0 ist der Weg, den ein Lichtblitz in der Zeit t zurücklegen würde).

τ ist dabei die sogenannte Eigenzeit des punktförmigen Massenkörpers. Das ist die Zeit, die eine Uhr anzeigen würde, die sich mit dem punktförmigen Massenkörper mitbewegt.

Generell arbeitet man in der Relativitätstheorie mit Vierergrößen, um klarzumachen, dass Raum und Zeit keine getrennten Begriffe mehr sind, sondern wir es mit einer Raumzeit zu tun haben.

Weitere Herleitung

So haben wir einerseits die klassische Geschwindigkeit

nil_abb_1.4

und als Pendant dazu die Vierergeschwindigkeit

nil_abb_1.5

wobei sich der Faktor β aus der Lorentz-Transformation ergibt:

nil_abb_1.6

Mit der Vierergeschwindigkeit kann man den Viererimpuls definieren

nil_abb_1.7

was schließlich zur relativistischen Formulierung des zweiten Newton’schen Axioms führt (Grundgesetz der Dynamik):

nil_abb_1.8

Dabei ist pi der Viererimpuls, es ist auch leicht einzusehen, dass man nach der Eigenzeit ableiten muss, und dass sich dadurch der Faktor β vor den Kräften Ki ergibt, läßt sich auch noch einsehen.

Aber welche Größe soll man für das Fragezeichen setzen?

Dazu multipliziert man Gleichung (1.8) mit der Vierergeschwindigkeit (man rechnet sich sozusagen die „Viererleistung“ aus) und kommt darauf, dass das Fragezeichen der gesamten am punktförmigen Massenkörper geleisteten Arbeit in der Zeiteinheit entspricht (bis auf einen Faktor β/c).

Das führt dann durch Integration der ersten Zeile von Gleichung (1.8) direkt zur Gleichung:

nil_abb_1.9

Hierin ist also E die Gesamtenergie des punktförmigen Massenkörpers, die sich aus Ruheenergie und kinetischer Energie zusammensetzt.

Die erste Zeile von Gleichung (1.8) entspricht dann einem kombinierten Energie- und Massenerhaltungssatz. Auch die beiden getrennten Erhaltungssätze für Energie und Masse müssen eben bei relativistischer Betrachtung zu einem kombinierten Satz zusammengefügt werden.

Meint
Euer Christoph

Ergänzung am 21. Februar 2015

Wie einige Kommentare gezeigt haben, war im vorigen Text der Schritt von Gl. (1.8) zur Gleichung (1.9) zu groß.

Diesen Schritt, der nur textuell beschrieben war, werden wir jetzt in kleinere Unterschritte zerlegen.

Erstens: Es wird behauptet, dass die linke Seite von Gl. (1.8) den Wert Null ergibt, wenn man das innere Produkt mit der Vierergeschwindigkeit w bildet.

Dabei muss vorausgeschickt werden, dass Professor Dirschmid in seinem Buch eine Näherung vornimmt, die zwar physikalisch einsichtig ist, aber keinem mathematisch exakten Formalismus entspricht.

Da das Ganze ja ohnehin nur eine Analogiebetrachtung ist und die Formel E=m.c^2 tatsächlich ein Naturgesetz darstellt, können wir akzeptieren, dass das innere Produkt mit w und die Differentiation nach der Zeit miteinander vertauscht werden.

Zu zeigen ist also die Gültigkeit folgender Gleichung:

nil_abb_1.10

Zuerst bilden wir das innere Produkt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das innere Produkt im vierdimensionalen Raum anders definiert ist als im dreidimensionalen euklidischen Raum:

nil_abb_1.11

Wenn wir nun Gl. (1.10) vereinfachen, dann sehen wir, dass wir einen konstanten Wert nach der Eigenzeit ableiten, was tatsächlich Null ergibt:

nil_abb_1.12

Zweitens: damit muss auch die rechte Seite von Gl. (1.8) den Wert Null ergeben (ungefähr), wenn man sie mit w multipliziert, also:

nil_abb_1.13

Weil die Summe über vi.Ki der momentan geleisteten mechanischen Arbeit im Inertialsystem entspricht und weil dem System in unserem Modell nur mechanische Energie zugeführt wird, gilt also:

nil_abb_1.14

F0 in die erste Zeile der Gleichung (1.8) eingesetzt ergibt dann:

nil_abb_1.15

Also E = m β c2 + const.

12 Responses to E=m.c^2

  1. Yeti sagt:

    Kommentar von Hans Arandt, ursprünglich zu finden auf seinem Blog:

    Ich habe das nicht alles verstanden. Ich verstehe nur soviel. Eine mathematische Formel wird zunächst in vielen Schritten immer weiter verkompliziert, um sie dann wieder so wei zu vereinfachen, dass am Schluss dann die gewünschte Formel steht. Nicht verstanden habe ich was das große E in der letzten Zeile herkommt, weil es da zum ersten mal auftaucht.
    Es mag sein, dass die mathematischen Beziehungen zwischen den Größen auf dem Papier alle richtig sind, das kann ich nicht beurteilen. Spannend wird es aber erst, wenn diese Formel, die ja eine Formel der Physik, nicht der formalen Mathematik sein soll, praktisch angewendet wird. Klassischer Weise müsste jetzt ein Experiment durchgeführt werden, dass diesen Zusammen hang in den behaupteten Größenverhälnissen messbar sichtbar machen kann. Das scheint mir bei dieser Formel aber nicht möglich zu sein. Weil die Behauptete Energie, die in einer beliebigen Masse steckt nach dieser Formel erheblich größer sein müsste als die Energieentfaltung die bei der Zündung einer Atombombe entsteht. Mir ist aber nicht bekannt, dass sochlche Einsteinbomben schon mal irgendwo getestetet wurden, die als experimenteller Beweis gelten könnten. somit bleibt auch diese Formel eine Theorie, die experimentell noch nicht bestätigt ist, was die Relativitätstheorie ja von Anfang an schon immer war. Nemen wir mal an, die Bosonen bestätigen die Relativitätstheorie, geschenkt, dann beweisen aber noch lange nicht den messbaren Zusammenhang zwischen Energie und Masse in die in dem Quadrat der Lichtgeschwindikgeit bestehen soll (90.000.000.000). Also in einem Gramm Masse steckt die Energie von neunzig Millarden ja was jetzt. Man müsste die Einheit wissen, wenn wir bei Masse von einem Gramm aus gehen. Welche Energie ist denn überhaupt gemeint, die Energie die ein Gramm Masse einen Meter oder einen Zentimeter vom Boden wegbewegen kann? Keine Ahnung. Um zu beurteieln, was da behauptet wird, müsste man erst mal wissen was da behauptet wird bevor man anfängt zu rechenen. Welche Energieeinhiet soll zur Masseeinheit Gramm equivalent sein und warum?

  2. Yeti sagt:

    OK, lass mich in drei Schritten antworten

    1) Ich habe gestern am Abend schon ins Bett wollen, deshalb habe ich die letzten Schritte nur mehr in Worten beschrieben, und nicht mehr als Formeln.

    Tatsächlich ist es so: wenn man die Gleichung (1.8) mit w multipliziert (also das innere Produkt bildet), dann kommt man dahinter, dass auf der linken Seite eine glatte Null steht.

    Daraus ergibt sich, dass dass das Fragezeichen gleich β / c mal dA/dt ist, wobei dA/dt die dem Massenpunkt zugeführte mechanische Leistung ist.

    Das heisst, dass d / d τ (m mal c mal dt / d τ) proportional zu dA / dt ist, und somit folgt die Gleichung

    d/dt (m β c2) = d/dt A

    Wenn man diese Gleichung nach t integriert, kommt man auf die Gleichung E = m β c2 + const.

    Die (beliebige) Konstante const. setzt man gleich Null (man setzt willkürlich fest, dass die gesamte(!) Masse einer Energie entspricht).

    Da immer nur eine Masse delta m in Energie umgesetzt wird, ist es unerheblich, wo man den Nullpunkt setzt.

    2) All das ist eigentlich nur eine Analogiebetrachtung und kein strikter deduktiver Beweis. Die Formel E = m β c2 hat also als “kombinierter Massen- und Energieerhaltungssatz” in der relativistischen Mechanik genau denselben Charakter eines Naturgesetzes, wie die getrennten Massen- und Energieerhaltungssätze in der klassischen Mechanik

    3) Natürlich bedarf es der experimentellen Bestätigung, sonst wäre das Ganze keine Naturwissenschaft, sondern reine Philosophie 😛

    Lg
    Christoph

    • hansarandt sagt:

      Das ist keine Antwort auf meine Frage. Welches Experiment bestätigt den Zusammenhang von Energie und Masse im Verhältnis des Quadrates der Lichtgeschwindigkeit, 1.079.252.848,8 km/h hoch 2 das entspricht 1,164786711642916 e+18 Km/h hoch 2?????

  3. Kardinal Novize Igor sagt:

    warum Gl. 1.8 mal w gleich Null ist, verstehe ich nicht (?)
    warum ist zb. dtau*p1*v1=0?

    Der Impuls p1 ist doch nicht per se const?

    Steige also bis zu „Fragezeichen gleich β / c mal dA/dt “ aus.

    Der Rest ist klar, wenn du mit „proportional“ beta/c meinst, und

    wenn Int(A)dt =E,

    wäre der Schluss klar! (Bitte aber um die Anfangs-Durchrechnung!)

    LG KNI

  4. Yeti sagt:

    @KNI: dass die linke Seite von Gl 1.8 Null ergibt, wenn man sie mit der Vierergeschwindigkeit multipliziert, zeigt sich, indem man dieses innere Produkt einfach ausrechnet.

    Das ist ein wenig Rechenarbeit und ich muss Dich aufs Wochenende vertrösten.

    Aber ich werde nicht darauf vergessen.

  5. Kardinal Novize Igor sagt:

    @Yeti:

    Kreuzprodukt oder skalar? (Müsste eigentlich skalar sein…)

    LG KNI

  6. Yeti sagt:

    Es handelt sich um das innere Produkt (Skalar), aber Vorsicht: im vierdimensionalen Minkowsi-Raum ist das Skalarprodukt ein wenig anders definiert als im dreidimensionalen euklidischen Raum.

    Das muss ich selber erst ein wenig behirnen, bevor ich antworte.

    Vorläufig glaube ich noch Herrn Professor Dirschmid, wenn er behauptet, dass bei dieser Multiplikation Null herauskommt.

  7. hansarandt sagt:

    Irgendwie vermisse ich noch die Antwort auf die Frage, wie hoch die Energie nun ist, die einer beliebigen Masse von einem Gramm equivalent ist in welcher Einheit.
    Und die Frage, ob es ein Experiment gibt, in dem dieses Verhältnis von Energie und Masse jemals gemessen worden ist.

  8. Yeti sagt:

    Das ergibt sich eins zu eins aus der Formel E = m.c^2, also für 1 g Masse, was 10-3 kg sind, braucht man nur einsetzen.

    Mit c = 3 . 108 m/sec ergibt sich

    E = 10-3 . 9 . 1016 = 9.1013Joule

    Wenn Du Dir die Mühe machst, in der Wikipedia nachzuschlagen, dann findest Du viele Experimente, mit denen diese Formel bestätigt worden ist, zum Beispiel die Umwandlung eines Elektrons (Materie) und eines Positrons (Antimaterie) in reine Energie, wenn sie miteinander reagieren.

    • hansarandt sagt:

      Wie groß ist die Masse eines Elektrons und die Masse eines Positrons und woher will man das wissen? Meines Wissens hat auch im CERN noch niemand ein Elektron gesehen geschweige denn gewogen. Heisenberg hat das mal so erklärt: Was man auf den Fotoplatten oder im CERN sehen kann, sind die „Kratzspuren“ die die nach wie vor hypothetischen Elektronen hinterlassen, nicht aber die „Elementarteilchen“ selbst.
      Gibt es Experimente im Gramm- oder wenigstens Mikrogrammbereich, die einen solchen Zusammenhang verifizieren?

  9. Kardinal Novize Igor sagt:

    ad nachtrag:

    jaaaaa, verstehe!

    da beta= 1/(sqrt(1-vexp2/cexp2) ist bexp2 gleich 1/(1-vexp2/cexp2);

    ist gleich

    cexp2/(cexp2-vexp2)

    und das kürzt sich im vorletzten schritt von 1.12 raus, daher:

    m*d/dtau (cexp2) = 0;

    Rest ist klar!

    LG KNI

    • Yeti sagt:

      Danke schön. Eigentlich müsste man jetzt noch beweisen, warum Herr Professor Dirschmid die Multiplikation mit w mit der Differentiation nach tau vertauschen kann, aber ich lass das mal so stehen. Bin einfach zu faul 🙂

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